Geschichte der österreichischen Militär-Uniformen
Die Volkswehr, 1918-1929
Der politische und militärische Zusammenbruch der k.u.k. Monarchie brachte mit sich, dass für
den Aufbau und die Ausstattung des Heeres der 1. Republik keine Geldmittel vorhanden waren.
Daraus ergab sich die Notwendigkeit, mit dem vorlieb zu nehmen, was vorhanden und
halbwegs brauchbar war. Somit ergab es sich, dass die ersten Soldaten der Volkswehr, wie das
österreichische Heer zunächst hieß, praktisch in der gleichen Uniformierung und mit der
gleichen Ausrüstung und Bewaffnung auftraten, wie man es aus der Monarchie gewohnt war.
Angesichts dieser Tatsache war es erforderlich, eine entsprechende Unterscheidung der
Angehörigen der Volkswehr von denen der Monarchie und der Streitkräfte der Nachfolgestaaten,
die aus den gleichen Gründen ähnlich adjustiert waren, sicherzustellen.
1. Bundesheer, 1920-1923
Die Zeit war gekennzeichnet durch den Übergang von der Volkswehradjustierung zur
neuen Uniform des österreichischen Bundesheeres. An Farbe und Schnitt hat sich nicht viel geändert,
Trotzdem muß jetzt von einer einschneidenden Veränderung gesprochen werden.
Augenfälligstes Kennzeichen war die Einführung einer Tellerkappe mit einer rot-weiß-roten Kokarde
und einem Landesabzeichen, das auf jenes Bundesland Bezug nahm, aus dessen Territorium
sich der Verband rekrutierte.
1923-1933
Die allmähliche wirtschaftliche Konsolidierung erlaubte 1923 auch die Einführung einer neuen
Uniform. Aber auch diese blieb in Form und Farbe im Wesentlichen gleich. Nur im System
der Dienstgradabzeichen folgte Österreich wieder der Entwicklung in Deutschland,
indem auch hier die Ärmeldistinktionen den bei der Reichswehr eingeführten Schulterstücken wichen.
Das Fehlen eines repräsentativen Rockes fur feierliche Anlässe führte dazu, dass 1924
ein Waffenrock nach altösterreichischem Schnitt eingeführt wurde.
1933-1938
Mit Juni 1933 erhielt das Bundesheer die Adjustierung des ehemaligen k.u.k. Heeres und
der ehemaligen k.k. Landwehr. Dem Grundsatz nach sollten die Soldaten demnach die Uniform
der Truppe tragen, deren Überlieferung sie pflegten. Zunächst wurden die Bestimmungen
für die graue Uniform erlassen, deren Ausführung sich genau genommen seit den Tagen der
k.u.k. Armee ohnehin nicht wesentlich geändert hatte. Neu war auch die Einführung der alten
steifen Kappe, die in der Monarchie nur den Generälen oder Generalstabsoffizieren
vorbehalten war, für alle Offiziere, Fähnriche, Vizeleutnante und Offizierstellvertreter.
Alle anderen Soldaten hatten die Kappe mit oder ohne Schirm zu tragen. Die Tellerkappe durfte
nur mehr in der Kaserne getragen werden. Die Angehörigen der Luftstreitkräfte und
der Luftschutztruppen erhielten eine neue Tellerkappe nach dem Muster der k.u.k. Kriegsmarine.
Die Wiedereinführung des bunten Waffenrockes brachte wohl den Wunsch nach Anlehnung
an die alte Monarchie am augenscheinlichsten zum Ausdruck.
Die letzte tiefgreifende Veränderung dieser altösterreichischen Uniform erfolgte am 13. März 1938.
Aufgrund des Anschlusses an das Großdeutsche Reich musste auf allen Oberbekleidungsstücken
und am Stahlhelm das Hoheitsabzeichen der Deutschen Wehrmacht getragen werden.
1938-1945
Für die kommenden Jahre wurden die Uniformen der Deutschen Wehrmacht, Marine,
Luftwaffe, SS und SA getragen.
1952-1955
Mit 1. August 1952 wurde die B-Gendarmerie aufgestellt. Die Uniform war die der Gendarmerie.
Die Bluse war einreihig mit sechs gekörnten gelben Knöpfen versehen und verfügte über
einen Stehumlaufkragen mit Halsbinde sowie aufgesteppte Brust- und Seitentaschen mit Patten.
Ab 1954 wurden anstatt der gelben graue Knöpfe verwendet. Als Kopfbedeckung diente
sowohl die Tellerkappe als auch die Bergmütze. Die Hose war feldgrau.
1955-1956
Der Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 brachte Österreich wieder die volle Souveränität und seine
Wehrhoheit zurück. Die Provisorischen Grenzschutzabteilungen übernahmen die Aufgaben
eines Heeres. Es wurden die Uniformen und die Ausrüstung der B-Gendarmerie weiter verwendet.
Nach Abzug der Besatzungsmächte wurden die zurück- bzw. überlassenen Uniformbestände
ebenfalls verwendet. Diese Uniformen, und vor allem die der Amerikaner verfügten über einen
engen Schnitt, waren für die damalige Zeit hochmodisch und demnach sehr begehrt.
Die Einflüsse aus dieser Zeit lassen sich bis heute nachverfolgen; so zum Beispiel der Ausgangsanzug
für Offiziere und Unteroffiziere, der in der Gendarmerieuniform dieser Zeit ihren Ursprung findet.
Bundesheer 2. Republik, 1955-2010
Die Uniformierung des Bundesheeres der 2. Republik lässt sich nicht so leicht in zeitliche
Abschnitte einteilen, wie dies in der Zeit vor 1938 möglich war. Auch gab es nie einen genauen
Zeitpunkt wann der Übergang von einer Uniform zur anderen vonstatten ging. Einzig und allein
Einführungserlässe für neue Uniformsorten lassen sich nachvollziehen. Die Übergänge
waren vor allem aus budgetären Grunden immer fließend und zogen sich meist über Jahre.
Uniform M 56, M 59
Es war dies die erste Uniform des neuen Bundesheeres. Diese wurde zu allen Anlässen getragen.
Der Tuchrock M 56 war aus feldgrauem Tuch gefertigt und verfügte über einen Fassonkragen
mit den jeweiligen Dienstgradabzeichen, aufgesteppten Brust- und Seitentaschen mit Falten
und gezackten Patten sowie vier grauen Knöpfen zum Schließen des Rockes.
Auf den Schultern waren Achselspangen mit je einem grauen Knopf. Die Tuchhose bestand aus
einem eisengrauen Hosenstoff und war mit einem feldgrauen Baumwollfutter gefüttert.
Offiziere trugen fur den Ausgang die Kammgarnuniform M 56. Unteroffiziere die
Halbkammgarnuniform M 59. Gleichzeitig wurde für den Ausgang die Schulterspange
auf der linken Seite des Rockes eingeführt.
Kampfanzug M 57 (Tarnanzug)
Relativ bald, spätestens nach den Erfahrungen des Ungarn-Einsatzes 1956 war klar,
dass die Uniform M 56 fur einen Einsatz denkbar ungeeignet war. Daher wurde 1957
der Kampfanzug M 57 eingeführt. Auf Grund der hohen Kosten wurde jedoch festgelegt,
dass dieser nur bei Einsatzen gem. § 2 des Wehrgesetzes bzw. bei größeren Übungen
auf Befehl zu tragen war. Der Kampfanzug bestand aus der Tarnjacke, der Tarnhose
und der dazugehörigen Rüstung. Tarnjacke und -hose waren aus einem Baumwollatlas gefertigt.
Diese waren an der Außenseite mit dem österreichischen Tarmuster bedruckt, wogegen die
Innenseite unbedruckt weiß (für den Winter) war. Schon damals träumte man vom
Zwiebelschalensystem, welches jedoch erst mit dem Feldanzug 75 verwirklicht wurde.
Die Jacke verfügte über zwei aufgesetzte Brusttaschen und über Schulterklappen. Durchzüge
bei der Kapuze, in der Taille und am unteren Saum ermöglichen eine individuelle Anpassung.
Die Tarnhose verfügte über eine Seitentasche mit Durchgriff, zwei Schenkeltaschen
und Gürtelschlaufen; Knie und Gesäßbereich waren verstärkt. Als besonderer Kälteschutz
wurde 1958 ein abgesteppter Zwischenanzug eingeführt. Dieser bestand aus Zwischenweste
und Zwischenhose. Beide Bekleidungsstücke waren aus feldgrauem Arbeitskleidergradl
und Baumwollcloth und aus doppelt gelegtem Wattelin gefertigt. Zu bemerken ist,
dass zu festlichen Anlässen zum Tarnanzug auch die Krawatte getragen wurde.
Der Drillichanzug M 59
Um bei der Ausbildung, vor allem aber beim Gefechtsdienst, die Uniform M 56 und
den Tarnanzug zu schonen, wurde 1958 ein Drillichanzug eingeführt. Der Drillichanzug bestand
aus Jacke, Hose und Kappe. Alle Teile waren aus feldgrauem Drillichstoff gefertigt.
Die Drillichjacke hatte zwei aufgesetzte Brusttaschen mit Patten und Schulterklappen.
Als Knöpfe wurden graue Hosenknöpfe verwendet. Die Drillichhose verfügte über zwei
Vordertaschen und einer Schenkeltasche. Zum Anpassen war die Hose zunächst nur mit
einem Zugband versehen. Erst 1967 erhielt die Hose auch Schlitzknöpfe. Zur Drillichhose wurde
je nach Dienstart der Hosengurt mit Klemmschnalle oder der Ledergürtel getragen.
Die Drillichkappe war ungefüttert und ohne Nackenschutz. Der Schnitt entsprach ansonsten
dem der Feldkappe. Mit Aufstellung der Bereitschaftstruppe im Zuge der
Heeresgliederung 72 wurde der Drillichanzug zum Kampfanzug der Verbande der BT.
Er unterschied sie von den Soldaten der Landwehr die den Tarnanzug trugen.
Anzug 75
Der Anzug 75 ist nach dem sogenannten "Zwiebelschalensystem" aufgebaut.
Dieses System sieht vor, je nach Witterung und zunehmender Kälte mehrere Schichten
an Bekleidung überzuziehen und damit das Wärmerückhaltevermögen durch dadurch
entstehende Lufteinschlüsse zwischen den Bekleidungsschichten zu erhöhen. Damit nahm man
erstmals in den Grundzügen bewußt auf die Grundsätze der Bekleidungsphysiologie Rücksicht.
Entscheidend für das Zwiebelschalensystem ist, dass der Soldat nie Bekleidungsschichten
wechseln sondern immer nur darüberziehen bzw. sich der obersten Bekleidungsschicht
entledigen muss. Die Farbe des Anzug 75 ist braungrau (RAL 7013) und hat einen
günstigen Tarn- bzw. lnfrarot-Remissionswert (Tarnwirkung im unsichtbaren Infrarotlicht - wichtig
im Bereich der Nachtaufklärung mit Infrarotnachtsichtgeräten). Der Anzug 75 ersetzt
im Dienst alle anderen bislang eingesetzten Anzugsarten.
Anzug 03
Im Jahr 2002 begann die Heeresbekleidungsanstalt einen neuen, einzigartigen Kampfanzug
zu entwickeln. Auf Grund der internationalen Vernetzung gelang es in nur eineinhalbjähriger
Entwicklungs- und Erprobungszeit ein vollkommen neues Bekleidungssystem
auf die Beine zu stellen. Dieses neue Bekleidungssystem ist sowohl im Aufbau
als auch in seinen bekleidungsphysiologischen Eigenschaften revolutionär. Die Stoffqualitäten
orientieren sich am höchsten internationalen Standard und so kann ein besonders
guter Tragekomfort gepaart mit höchster Funktionalität erzielt werden. Als herausragend wäre
dabei jedenfalls ein topmodischer Schnitt bei der Kampfuniform zu erwähnen,
als auch im Bereich des Nässeschutzes ein neuartiger Weg, weg vom Regenumhang
zu einem Nässeschutzanzug aus modernen, atmungsaktiven Membranenmaterial.
Anleihe wurde dabei natürlich aus den Erfahrungen österreichischer
Spezialisten im Gebirgskampf als auch bei den „Austrian Special Forces“, dem Jagdkommando,
genommen. Eine weitere Neuerung besteht in einem neuartigen Tragesystem aus
drei Hauptelementen – Kampfweste, Hüftgurt und Rucksack als miteinander koppelbares System.
Dies ermöglicht dem Soldaten heute auf dem modernen Gefechtsfeld, rasch und flexibel
auf neue Lageentwicklungen durch Anpassen der Lastverteilung zu reagieren.
Die Farbgebung des Anzug 03 unterscheidet sich im Grundsatz nicht von der des
Anzug 75 (RAL 7013). Es wurde jedoch auf die jüngsten internationalen Auslandsmissionen
Bezug genommen, und eine Variante in beige für Wüsteneinsätze bereitgestellt.
Die neueste Entwicklung für den Anzug 03 wurde gemeinsam mit der Partnerschule
der Heeresbekleidungsanstalt, der HTBLVA für Textiltechnik, 1050 Wien, Spengergasse 20
im Rahmen eines zweijährigen Diplomprojektes im Jahr 2008 abgeschlossen.
Der Anzug 03 ist nunmehr auch in einer Version mit digitalem Tarndruck und flexibler
Farbgebung verfügbar. Dieses Projekt wurde im Jahr 2009 mit einem Award des Fachverbandes
der Textilindustrie in Dornbirn gewürdigt.
Der Anzug 03 ist somit ein topmodernes komplexes Bekleidungssystem, das keinen
internationalen Vergleich scheuen braucht. Die Techniker der Heeresbekleidungsanstalt
sind auf Grund der letzten Entwicklungen als internationale Spitzenkräfte anerkannt
und teilen ihr Know-How mit vielen Partnern gleichgestellter Organisationen anderer Armeen
als auch nationalen Behörden.
Die Heeresbekleidungsanstalt: Das Kompetenzzentrum für (militärische) Bekleidung
und Persönliche Ausrüstung.
Quellen: Rolf M. Urrisk – Die Uniformen des Österreichischen Bundesheeres Band 1 + 2
Peter Ruckenstuhl – Brunner Geschichten Band 9